Weinregion Tejo

Die eleganten Rotweine und fruchtigen Weißweine aus dem DOC-Gebiet entlang des Tejo werden zunehmend populärer

Die nordöstlich von Lissabon gelegene Region Ribatejo zählt zu den fruchtbarsten Gebieten Portugals. Hier sind auf insgesamt 500 000 ha verteilt weitläufige Ebenen anzutreffen, in denen vor allem der mächtige Fluss Tejo die besten Voraussetzungen für die Entwicklung einer ebenso reichhaltigen wie abwechslungsreichen Landwirtschaft bietet. Tatsächlich sorgt der bei Lissabon in den Atlantik mündende Strom, der sich durch die gesamte Region schlängelt, für ausgedehnte Flusslandschaften und fruchtbare Schwemmböden, die sich mit kalkhaltigen Lehm- und Tonböden abwechseln. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass der Tejo das Gebiet mit seinen hügeligen Landschaften in einen fantastischen großen Garten verwandelt. Beinahe mag man den Eindruck gewinnen, dass hier alles von alleine wächst, angefangen vom Gras für Kühe, Schafe und andere Vierbeiner, über die vielen Gemüsesorten wie Tomaten, Bohnen, Paprika und Mais, bis hin zu Melonen, Äpfeln, Zitronen, Reis, den Olivenbäumen und den Korkeichen — und nicht zuletzt natürlich auch Trauben. Dennoch ist dieser Teil Portugals den meisten Touristen bisher unbekannt geblieben. In nicht wenigen Reiseführern wird die Region nicht einmal namentlich erwähnt, obwohl sie flächenmäßig die zweitgrößte des Landes ist.

INFORMATIONEN ZUR REGION

RIBATEJO


Lage: Entlang des Flusses Tejo im Zentrum Portugals, im Wesentlichen zwischen den Anbaugebieten Alentejo und Estremadura. Wichtige Städte sind u. a. Santarém, Cartaxo, Coruche, Almeirim, Tomar und Torres Novas.

Rebfläche: ca. 25 000 ha.
Appellationen: DOC Ribatejo mit den Teilberei-chen Almeirim, Cartaxo, Chamusca, Coruche, Santarém und Tomar. Die Landwein-Appellation heißt Vinho Regional Ribatejano.
Wichtigste Rebsorten: weiß: Fernão Pires, Arinto, Rabo de Ovelha, Tália, Trincadeira das Pra-tas, Verdelho und Vital; rot: Aragonez, Baga, Camarate, Castelão, Preto Martinho, Tinta Miúda, Touriga Franca, Touriga Nacional und Trincadeira.
Besonderheiten: Das Gebiet zählt mit seinen ausgedehnten Flusslandschaften zu den frucht-barsten Regionen Portugals.

REBEN SEIT DER ANTIKE
Auch viele Weinfreunde außerhalb Portugals kennen das Gebiet kaum. Dabei ist durch Urkunden belegt, dass die Anfänge des Rebenanbaus im Ribatejo bis in die römische Zeit zurückreichen und dass der Wein aus diesem Gebiet schon in weiten Teilen des Landes bekannt war, noch bevor im Jahr 1139 Portugal als eigenes Königreich gegründet wurde. Zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert sorgten dann sogar die Könige von Portugal für einen besonderen Schutz der Ribatejo-Weine, indem sie zeitweise die Einfuhr aller von außerhalb kommenden Weine kurzerhand untersagten. Zudem wurden durch königliche Anordnungen die Aktivitäten der ansässigen Weinbauern und Weinhändler kontrolliert. Wie gut der Ruf der Ribatejo-Weine damals war, zeigen Dokumente aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die belegen, dass England damals rund 30 000 Pipas Wein aus dem Ribatejo importierte, was, je nachdem, wie groß dieses Fass damals wirklich gewesen ist, mehr als 15 Millionen Litern entsprechen dürfte.

WEINE FÜR DIE HAUPTSTADT
Aber vorwiegend stillten die Weine den Durst der Lissabonner, und zu diesem Zweck wurden die Holzfässer mit dem begehrten Inhalt lange auf Segelschiffen den Fluss hinab bis in die Hauptstadt gebracht. Noch bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein galt das Ribatejo als Hauptlieferant für einfache Weiß- und Rotweine, die vor allem in Gasthäusern und Restaurants in Lissabon ausgeschenkt wurden. In erster Linie waren dabei Quantitäten und weniger Qualitäten gefragt. So war es kein Wunder, dass sich im Lauf der Jahrhunderte einige riesige landwirtschaftliche Betriebe bildeten, die neben Olivenanbau, Ackerbau und Pferdezucht auch Traubenanbau betrieben. Im Gegensatz zur prestigeträchtigen Arbeit mit den Pferden bestand das Hauptziel bei den Reben aber darin, möglichst große Erträge aus den fruchtbaren Anbauflächen herauszuholen und schnell als Fassware im großen Stil zu vermarkten. Im Vordergrund standen billige Weißweine, die in den Kneipen eher als Durstlöscher denn als Genussmittel dienten. Doch in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ging der durchschnittliche Weinkonsum der Portugiesen allmählich zurück, während gleichzeitig die Nachfrage nach qualitativ interessanteren Weine kontinuierlich stieg. Bevor sich beide Entwicklungen jedoch zu einer wirklichen Krise ausweiten konnten, steuerte die Weinbaukommission zusammen mit einigen engagierten Winzern dagegen. 1989 wurden sechs Teilgebiete des Ribatejo, nämlich Almeirim, Cartaxo, Chamusca, Coruche, Santarém und Tomar, als Herkunftsregionen deklariert und schließlich im Jahr 2000 zu einer DOC Ribatejo zusammengefügt. Diese DOC umfasst heute rund 2200 ha der insgesamt etwa 25 000 ha großen Rebfläche.

WEINTOURISMUS IM RIBATEJO
Unter der Bezeichnung Enoturismo versuchen die Portugiesen, den Urlaubern auch die Weingebiete des Landes als lohnendes Ziel schmackhaft zu machen — abseits von den Stränden der Algarve oder den Bars in Lissabon und Porto. Die Besucher sollen die Weine und die Winzer kennenlernen und gleichzeitig die Gastronomie, die Architektur und die landschaftlichen Reize Portugals entdecken. Besonders interessant ist das »önotouristische« Angebot im Ribatejo. Pferde, Stiere und Weine sind die Motive im drei-geteilten Wappen der Region Ribatejo. Das Gebiet ist geprägt von großen Landgütern und zum Teil sehr schönen alten Herrenhäusern, die nahezu überall in der Region mit ihrem beinahe unendlichen Blick in die Weite anzutreffen sind. Hier gibt es kaum Winzer, die sich nicht auch an-deren landwirtschaftlichen Aktivitäten widmen. Vom Getreide- und Obstanbau bis zur Viehzucht wird nahezu alles abgedeckt. Das ist neben den Besuchen in den Weinshops und einem Rundgang durch die Weinberge ein weiterer sehenswerter Aspekt. Manche Weingüter bieten Fahrten in einer offenen Kutsche an, bei denen man einen herrlichen Blick auf die Rebflächen und die Land-schaft genießen kann. Einen Regenschirm benötigt man im Ribatejo im Prinzip nicht. Die Niederschläge sind vor allem auf die kühleren Monate begrenzt und machen insgesamt nur 600 bis 800 mm im Jahr aus. Dagegen stehen bis zu 2900 Sonnenstunden, die im Frühjahr und Sommer für Temperaturen zwischen 20 °C und 35 °C sorgen. Auch für das leibliche Wohl ist im Ribatejo bestens gesorgt. Das abwechslungsreiche kulinarische Angebot beinhaltet vor allem Wurst- und Fleischgerichte hoher Qualität sowie eine feine Gemüseküche mit frischen regionalen Produkten. Ein ausgezeichnetes Bild davon kann man sich zum Beispiel in dem mit vielen Bildern und einer alten Ölmühle ausgestatteten Restaurant des Weinguts Quinta da Ribeirinha machen, in dem es auch das ungefilterte Olivenöl des Hauses aus der bekannten Olivensorte Galega gibt.


DIE UNTERREGIONEN DER DOC RIBATEJO
Die DOC Ribatejo setzt sich aus den Teilbereichen Almeirim, Cartaxo, Chamusca, Coruche, Santarém und Tomar zusammen. Almeirim umfasst die Gemeinden Almeirim, Alpiarça und Salvaterra de Magos. Auf den Rebflächen rund um den Fluss stehen hauptsächlich weiße Sorten in Ertrag. Insgesamt produziert dieses Gebiet ebenso viele Weiß- und Rotweine wie die anderen fünf Teilbereiche zusammen. Die Unterregion Cartaxo erstreckt sich rund um die Städte Azambuja and Cartaxo. Auf den bis zu 200 m hohen Hügeln werden in erster Linie Rotweinreben angebaut. Chamusca umfasst die Gebiete um die Ortschaften Chamusca, Golegã, Tramagal und Santa Margarida da Coutada. In dieser Region sind überwiegend Weißweinsorten anzutreffen. Der Teilbereich Coruche ist rund um die Städte Benavente und Coruche angesiedelt und vor allem für Rotweine bekannt. Santarém beinhaltet die Gegend um Rio Maior und Santarém. Hier werden etwa zu gleichen Teilen Weiß- und Rotweine produziert. Tomar umfasst neben den Gebieten um die Städte Tomar und Torres Novas auch Teile des Kreises Ferreira do Zêzere sowie Praia do Ribatejo im Kreis Vila Nova da Barquinha. Auch hier werden vornehmlich Rotweine produziert.

Zugelassene Rebsorten
Für DOC-Weine sind folgende rote Sorten vorgesehen: Aragonez, Baga, Camarate, Castelão (in dieser Gegend auch João de Santarém genannt), Preto Martinho, Tinta Miúda, Touriga Franca, Touriga Nacional und Trincadeira. Rotweine und Rosés müssen mindestens 50 % von einer oder mehreren dieser Sorten enthalten. Erlaubt sind zudem Alfrocheiro, Alicante Bouschet, Bastardo, Cabernet Sauvignon, Caladoc, Esgana Cão Tinto, Grand Noir, Jaen, Merlot, Moreto, Petit Verdot, Pinot Noir, Syrah, Tinta Barroca, Tinta Caiada und Tinto Cão. Als weiße Rebsorten sind für DOC-Weine vorge sehen: Arinto, Fernão Pires, Rabo de Ovelha, Tália, Trincadeira das Pratas, Verdelho und Vital. Die Weißweine müssen mindestens 50 % von einer oder mehreren dieser Sorten enthal¬ten. Erlaubt sind zudem Alicante Branco, Alva-rinho, Cerceal Branco, Chardonnay, Malvasia Rei, Moscatel Graúdo, Pinot Blanc, Sauvignon Blanc, Síria, Tamarez und Viosinho.

DIE WEINSTILE
Lange Zeit stand das Ribatejo in dem zweifelhaften Ruf, ein reines Fassweingebiet zu sein. Mittlerweile jedoch ist die Region ein El Dorado für junge, ambitionierte Weinmacher und leidenschaftliche Winzer, die sich der Produktion von guten bis exzellenten und dabei preisgünstigen Weinen verschrieben haben. Die Weißweine aus der DOC Ribatejo sind fruchtig und finessenreich mit Aromen von Zitrusfrüchten und blumigen Akzenten sowie einer feinen Säurestruktur. Dagegen zeigen sich die Weißweine mit der Bezeichnung Vinho Regional Ribatejano vorzugsweise mit Aromen von Pfirsichen und Zitrusfrüchten, ergänzt von blumigen Noten und einem zarten Säurespiel. Die hervorstechenden Merkmale der Rotweine aus der DOC Ribatejo sind die Aromen von Beerenfrüchten, eingerahmt von weichen, harmonisch eingebundenen Tanninen. Dazu besitzen die Weine ein schönes Alterungspotenzial. Das Angebot wird abgerundet durch die vorwiegend nach roten Früchten duftenden Weine mit der Bezeichnung Vinho Regional Ribatejano, die mit ihren runden Tanninen und dem gut strukturierten Körper durchweg eine gute Figur machen.

DIE VIELFALT DES VINHO REGIONAL RIBATEJANO
Zwar wurde durch die Zulassung einiger internationaler Rebsorten im Jahr 2003 sowie durch die Erlaubnis, DOC-Weine auch in Fässern aus französischer und amerikanischer Eiche auszubauen, die Vielfalt der DOC-Weine und Weinstile deutlich vergrößert, aber für die Vinhos Regionais ist eine noch größere Bandbreite an Sorten erlaubt. So sind im Weißweinbereich neben der dominierenden Fernão Pires, die mit rund 40% die wichtigste Traube ist, noch folgende Rebsorten zugelassen: Alicante Branco, Alvarinho, Arinto, Bical, Cercial, Chardonnay, Chenin Blanc, Diagalves, Fernão Pires Rosado, Galego Dourado, Gewürztraminer, Jampal, Malvasia Fina, Malvasia Rei, Moscatel Graúdo, Pinot Blanc, Rabo de Ovelha, Sauvignon Blanc, Seara Nova, Semillon, Sercial, Síria, Tália, Tamarez, Trincadeira Branca, Trincadeira das Pratas, Verdelho, Viognier und Vital, ja sogar Riesling. Bei den Rotweinsorten stehen Castelão und Trincadeira im Vordergrund. Dazu dürfen noch folgende Rebsorten angebaut werden: Alfrocheiro, Alicante Bouschet, Aragonez, Baga, Bastardo, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Caladoc, Camarate, Carignan, Cinsaut, Grand Noir, Grenache, Merlot, Molar, Moreto, Petit Verdot, Pinot Noir, Preto Cardana, Preto Martinho, Syrah, Tannat, Tinta Barroca, Tinta Carvalha, Tinta Miúda, Tinta Pomar, Touriga Franca und Touriga Nacional.

Drei Anbauzonen
Seinen Namen verdankt das Ribatejo dem Tejo, dem größten Fluss Portugals, den die Römer Tagus nannten. Von Spanien kommend, fließt er von Nordosten nach Südwesten durch das Land, um bei Lissabon in den Atlantik zu münden. Riba Tejo heißt Ufer des Tejo. In dieser Agrarebene, die wegen ihrer fruchtbaren Böden auch der »Garten Lissabons« genannt wird, lässt sich das Klima als mediterran bezeichnen und ist nicht zuletzt durch den allgegenwärtigen Fluss Tejo sowohl im Sommer als auch im Winter sehr angenehm und bietet optimale Anbaubedingungen für die Weinreben. Drei sehr unterschiedliche Landschaftszonen, die sich jeweils durch das gesamte Gebiet ziehen, prägen das Bild der Region: das Campo (Feld), auch Lezíria (Flussniederung) genannt, entlang der Ufer des Tejo, das Festlandgebiet Bairro, und die Heideregion Charneca.

Campo
Das Flachlandgebiet Campo ist der breite Streifen Schwemmland, in dem sich ertragreiche Gemüsefelder mit Rebflächen abwechseln. Das sehr fruchtbare Gebiet erstreckt sich längs des Flussufers und wird zeitweise durch das Hochwasser des Tejo überschwemmt. Vor allem in sehr regenreichen Wintern kann es vorkommen, dass die Rebflächen in den flacheren Gebieten beidseits des Flusses vollständig überflutet werden. Da es hier auch in den Sommermonaten vergleichsweise feucht ist, sind neben Weinstöcken vor allem viele Tomaten-, Melonen und Maisfelder anzutreffen. Auch saftige Weiden, auf denen Vieh grasen kann, gehören zum Landschaftsbild.

Bairro
Am rechten Ufer des Tejo, also nordwestlich des Flusses, beginnt gleich nach den Schwemmlandböden das sogenannte Festlandgebiet Bairro. Magere Kalkstein- und Tonböden prägen den von Hügeln durchzogenen, teilweise sogar gebirgigen Landstrich. Das Bairro erstreckt sich bis zur nördlichen Begrenzung der Region. In diesen Bereichen wird die Landschaft von Weinreben und Olivenplantagen dominiert.

Charneca
Am linken Flussufer erstreckt sich die Heide-region Charneca, die nach Süden hin bis zur angrenzenden Weinregion Alentejo reicht. Auf den steppenartigen Grasflächen überwiegen magere, sandige und daher weniger ertragreiche Böden. Neben Weingärten sind hier vor allem Korkeichenplantagen anzutreffen, außerdem Pinien- und Eukalyptuswälder. Es ist eine sehr trockene Gegend, in der wesentlich höhere Temperaturen als in den anderen Teilen des Ribatejo erreicht werden und in der auch die Trauben schneller reifen.

Qualität auf kargen Böden
Die besten Lagen für Weinbergen sind vor allem die steinigen und sandigen Hügel oberhalb des Flussufers. Hier, auf kargen Böden im Schutz der Wälder, können die Trauben besonders gut heranreifen. Reben aus diesen Lagen liefern die Grundlage für anspruchsvollere Weine, vor allem für in Barriques gereifte rote Gewächse, die mit schöner Frucht und guter Balance überzeugen. Besonders die jüngeren und qualitäts-orientierten Winzer überlassen die fruchtbaren Schwemmböden daher immer mehr den großen, rein landwirtschaftlich orientierten Betrieben und den Erzeugern von sehr günstigen Alltagsweinen. Insgesamt geht ein starker Trend dahin, den Qualitäts-weinbau immer weiter in das kargere Hinterland zu verlagern, im Norden hinauf bis zu den Ausläufern der Serra de Candeeiros und der Serra d'Aire, im eher sandigen Süden hinein in das Gebiet Charneca.

DIE GROSSEN VIER REBSORTEN DES RIBATEJO

Fernão Pires
Die meistangebaute Sorte der Region bringt in diesem Gebiet besonders aromatische Weißweine hervor. Im Bukett weist sie oft blumige Noten auf, die manchmal an Rosen erinnern, dazu duften die jungen Weine vor allem nach Zitrusfrüchten, etwa nach Orangen.

 

Arinto
Diese Traube hat eine gute Säurestruktur, die dem aus ihr bereiteten Weißwein eine frische, lebendige, manchmal rassige Note verleiht. Die Weine duften in ihrer Jugend vorwiegend nach blumigen und fruchtigen Noten, etwas ältere Gewächse entfalten oft ein Bukett von Zitrusfrüchten, gepaart mit einer feinen Harznote. Obwohl Arinto-Weine am besten jung getrunken werden, haben sie aufgrund ihres Säuregehalts durchaus ein mittleres Alterungspotenzial.

 

Castelão
Im Bereich der roten Sorten ist Castelão (hier auch João de Santarém genannt) die bevorzugte Sorte im Ribatejo, da sie die klimatischen Bedingungen sehr gut verträgt. Die Traube ist daher die Grundlage für die meisten Rotweine des Gebiets. Daneben wird Castelão auch für Rosés und Schaumweine verwendet und gelegentlich sogar »weiß gekeltert«, also ohne Maischestandzeit und damit ohne Farbextraktion aus den Schalen ausgebaut. Die Rotweine sind meist konzentriert, aber weich im Geschmack und bieten Aromen von Beeren und Kräutern auf. In der Regel haben sie ein gutes Alterungspotenzial.

 

 

Trincadeira
Diese Rotweintraube bringt eine kraftvolle dunkle Farbe ins Glas. Die Weine sind in ihrer Jugend meist sehr fruchtbetont, mit Anklängen von frischen Kräutern. Sie sind kraftvoll und körperreich und verfügen über eine eher sanfte, aber solide Tanninstruktur. Die gut lagerfähigen Weine entwicklen nach einigen Jahren Aromen von Pflaumen und Marmelade sowie Gewürznoten wie Zimt. Im Ribatejo wird die Sorte gerne als Cuvée-Partner der Sorte Castelão eingesetzt.

STARKE ENTWICKLUNG
Anders als in den benachbarten, eher kleinteilig strukturierten Gebieten vor allem im Norden gibt es im Ribatejo etliche große Erzeugerbetriebe, die früher nur auf Massenweine für den Alltagsbedarf der Lissabonner spezialisiert waren. Daher konzentrierte sich lange Zeit der Weinbau auf die äußerst fruchtbare flache Fluss-niederung, während er in den anderen beiden Landschaftszonen eher vernachlässigt wurde. Das Bild hat sich mittlerweile jedoch gewandelt. Man setzt auf mehr Qualität durch weniger Ertrag und die Anpflanzung besserer Sorten. Insgesamt spielt der Weinbau in der stark landwirtschaftlich geprägten Region zwar keine her-vorgehobene Rolle — er macht derzeit nur rund 20 % der gesamten Agrarproduktion aus —, aber durch den Strukturwandel der letzten Jahre und dem damit verbundenen besseren Ruf der Weine wird sich die Bedeutung des Rebenanbaus zweifelsohne wieder erhöhen.

Investitionen in Qualität
Natürlich dauerte es eine gewisse Zeit, bis sich auch die großen Kellereien auf den neuen Trend einstellten, aber durch eine Reihe verschiedener Maßnahmen wurde der Grundstock für den heutigen und zukünftigen Erfolg selbst vonseiten der Großerzeuger gelegt. Die ersten Veränderungen fanden in den Weinbergen statt. Neben der zunehmenden Verlagerung der Rebflächen vom flachen Campo in das hügeligere Bairro und in die Heideregion Charneca, die zwar Ertragseinbußen, aber einen Zuwachs an Qualität brachte, pflanzten die Betriebe außerdem eine Reihe weiterer Rebsorten an. Zusätzlich wurden viele Anbauflächen, die auch heute noch in den Flussniederungen anzutreffen sind, neu strukturiert. Einher ging damit eine verstärkte Konzentration auf die Anpflanzung roter Rebsorten. Außerdem unternahmen die Betriebe in ihren Kellereien große Anstrengungen, um den positiven Wandel weiter voranzutreiben. Dabei investierten die Großerzeuger ebenso wie die Winzergenossenschaften und ältere kleinere Betriebe. So wurden in den meisten Kellereien die alten Gärbottiche aus Zement abgerissen und Wände versetzt, um Platz für neue Edelstahlbehälter, Kühlräume und Bereiche für den Ausbau in Holzfässern zu schaffen.

Mit amtlichem Segen
Es spricht für die Weinkommission des Ribatejo, dass sie diese Entwicklungen nicht nur absegnete, sondern auch tatkräftig unterstützte, hauptsächlich indem sie eine liberalere Regelung für den Anbau anderer, bis dahin nicht gebietstypischer Rebsorten einführte. So dürfen nun die beiden dominierenden Rotweinsorten der DOC, Castelão und Trincadeira, mit anderen Trauben verschnitten werden, etwa mit Aragonez, Touriga Franca und Touriga Nacional, was vor einigen Jahren noch undenkbar schien. Ebenso wenig konnten sich Puristen damals vorstellen, dass es irgendwann einmal Weine aus der DOC Ribatejo mit mehr oder weniger großen Anteilen Cabernet Sauvignon, Merlot oder Pinot Noir geben würde. Bei den weißen Sorten ist in der DOC zwar nach wie vor Fernão Pires die dominierende Traube, aber inzwischen findet man nicht selten auch Weißweine, die neben Fernão Pires auch Arinto, Tália, Trincadeira das Pratas, Vital oder sogar Chardonnay enthalten. Noch liberaler sind die Regelungen beim Vinho Regional Ribatejano. Hier dürfen noch weitaus mehr portugiesische wie internationale Sorten verwendet werden, was den Produzenten die Möglichkeit gibt, das große Potenzial der diversen Böden und des vorteilhaften Klimas voll auszuschöpfen. Diese Freiheit wird heute auch ausgiebig genutzt, und so kann im Prinzip fast jedes Marktsegment bedient werden. Eine Cuvée aus Arinto und Chardonnay ist daher ebenso zu finden wie ein reinsortiger Syrah. Vor allem die Kombination heimischer und internationaler Sorten wird heute vom Weinbauverband als sehr positiv für die weitere Entwicklung der Region auf den internationalen Märkten angesehen. Dennoch bleibt der Ribatejo-Charakter weiterhin in den meisten Weinen präsent. Bei den Weißen macht er sich mit sehr fruchtigen Aromen, die teilweise an tropische Früchte erinnern, bemerkbar, oft in Kombination mit blumigen Noten. Bei den Rotweinen sind vor allem Aromen von reifen Waldbeeren spürbar, und die Tannine sind meist weich, so dass die Weine auch jung genossen bereits enormes Trinkvergnügen bieten. Das alles trägt dazu bei, dass die Weine nicht nur in Portugal selbst auf erhöhte Gegenliebe stoßen, sondern auch allmählich die Märkte in Europa und Übersee erobern, ohne dabei ihre Identität völlig verleugnen zu müssen.

DIE MODERNEN PIONIERE
Nun ist es aber allein mit der Zulassung neuer Rebsorten nicht getan, um einer Region wieder Schwung zu verleihen. Auch die Winzer müssen mitziehen und außerdem mit den neuen Begebenheiten umgehen können. Das bedeutet beispielsweise, das Potenzial der neuen Sorten in Bezug auf die Region zu studieren und dann die richtigen Reben auf den richtigen Böden zu pflanzen. Es ist zudem notwendig, zu überprüfen, inwieweit diese Sorten sich mit den bisher verwendeten Trauben in einer Cuvée vertragen. Manche sperren sich gegen einen Verschnitt mit den traditionellen Sorten und bestehen sozusagen auf einem rebsortenreinen Ausbau. Wer hier das optimale Ergebnis erzielen will, braucht Fingerspitzengefühl, Intuition und eine gewisse Erfahrung. Auch wenn es hier und da eher zufällig entstandene Glückstreffer geben mag — wirkliches Können zeigt sich spätestens nach den darauf folgenden Ernten.

Erfahrung zählt
Daher ist es kein Wunder, dass zu den modernen Pionieren des neuen Ribatejo und seinen önologischen Herausforderungen auch alteingesessene Betriebe gehören, die teils unter neuer Leitung stehen. Aber auch erfahrene Gebietsneulinge, die bereits in anderen Regionen ihr Können unter Beweis stellen konnten, sind darunter sowie versierte sogenannte Flying Winemakers, also reisende Weinmacher, die meist international agieren.

Bekannte Namen
Produzenten, die man als die Vorreiter der neuen Ribatejo-Weine bezeichnen kann, sind zum Beispiel Quinta da Alorna, Quinta da Lagoalva, Quinta do Casal Branco, DFJ Vinhos, Falua und Fiuza & Bright, genannt die Bright Brothers. Sie alle sowie einige andere Erzeugerbetriebe haben dafür gesorgt, dass die Weine aus dieser Region, die lange ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten, weltweit wieder einen klangvollen Namen besitzen. Ein Ende dieser Qualitätsoffensive ist noch lange nicht abzusehen, denn viele Neuanpflanzungen fangen gerade erst an, interessante Erträge zu bringen. Außerdem stehen auch andere Winzer und große Kellereien den Neuerungen positiv gegenüber und sind bereit, den modernen Pionieren nachzueifern. Aus dem Ribatejo ist also weiterhin viel Spannendes zu erwarten.

ALT UND NEU
Zu den renommiertesten Vertretern der Kunst, alte einheimische Sorten mit neu eingeführten nationalen und internationalen Trauben auf hohem Niveau zu vermählen, zählt das Weingut Falua — Sociedade de Vinhos, das von dem Alentejo-Star João Portugal Ramos gegründet wurde. Eröffnet wurde der Betrieb mit Sitz in Almeirim, rund 100 km nordöstlich von Lissabon, erst im Jahr 2004, dennoch zählt er bereits zu den Vorzeigegütern im Ribatejo. Die 90 ha Rebflächen liegen zum größten Teil in der Zone Charneca. Portugal Ramos setzt dabei ganz auf Cuvées mit internationalen Sorten, die es früher so nicht im Ribatejo gegeben hätte. Seine fruchtbetonten Weiß- und Rotweine mit dem Markennamen Tagus Creek bestehen aus Chardonnay und Fernão Pires, aus Cabernet Sauvignon und Aragonez sowie aus Shiraz (Syrah) und Trincadeira. Es gibt einen Reserva aus Cabernet Sauvignon und Touriga Nacional, und sein Rosé wird aus den Sorten Shiraz und Touriga Nacional gekeltert. Jährlich verlassen derzeit 1,5 Millionen Flaschen die hochmoderne Kellerei. Auch in einem anderen bekannten Weingut ist die Handschrift von João Portugal Ramos spürbar. Für die Quinta do Casal Branco macht er zusammen mit Dina Luis, der Önologin des Weinguts, Weine mit Finesse, Eleganz und Körper. Die Quinta do Casal Branco ist seit vielen Generationen im Besitz der Familie von José Lobo de Vasconcellos. Die Weinberge liegen am Rand des Flusstals, auf mineralstoffreichen Tonböden, die stark mit Kies durchsetzt sind. Aus dem einst traditionellen Landwirtschaftsbetrieb hat der jetzige Besitzer ein modernes Weingut geschaffen, das vor allem für seinen fruchtigen, mineralischen und extraktreichen Weißwein aus Fernão Pires sowie den fruchtig-eleganten Rotwein Terra de Lobos aus Castelão und Cabernet Sauvignon bekannt ist. Den Reiz der neuen Rebsortenfreiheit verspürt man auch bei der Quinta da Lagoalva de Cima, deren Reben vornehmlich auf leichten Sandböden stehen. Hier füllt man etwa eine Cuvée aus Arinto und Chardonnay mit einer dezenten Holznote ab, ebenso wie eine elegante Cuvée aus den mittlerweile ebenfalls gestatteten Sorten Tinta Roriz (Aragonez) und Touriga Nacional, die mit schönen blumigen Noten überzeugt. Der hoch gelobte Reserva des Hauses ist ein Zusammenspiel von Alfrocheiro mit Syrah und Cabernet Sauvignon sowie einem Hauch Tannat. Berühmt wurde die Quinta da Lagoalva aber vor allem durch einen sortenreinen Syrah, der in französischen Barriques reift und auf wunderbare Weise demonstriert, dass sich diese französische Traube auch im Ribatejo sehr heimisch fühlt.

Wein und Pferde
Dass trotz aller Liberalisierung des Rebsortenspiegels aber auch weiterhin überzeugende Weine aus alten, regionaltypischen Trauben bereitet werden, ist besonders erfreulich. Ein Beispiel dafür ist die Adega Cooperativa do Cartaxo. Bei der 1954 gegründeten Genossenschaft lohnt sich vor allem für Liebhaber schöner Pferde ein längerer Aufenthalt, dreht sich doch hier fast alles um diese edlen Tiere, für deren Zucht das Ribatejo ebenfalls bekannt ist. Selbst die Weine der Adega Cooperativa do Cartaxo tragen Namen, die im Zusammenhang mit Pferden stehen, und der Reserva Coudel Mor aus den beiden wichtigsten alten roten Sorten der Region, Trincadeira und Castelão, hat sogar ein Etikett, auf dem ein stilisierter Pferdekopf abgebildet ist. Der Betrieb produziert jährlich rund 5 Millionen Flaschen und setzt zwar hauptsächlich auf die traditionellen Ribatejo-Sorten, kann aber ebenfalls mit den neuen Reben umgehen, wie der Bridão Reserva aus Touriga Nacional und Cabernet Sauvignon belegt. Pferde und Pferdedressur spielen auch bei der Quinta da Alorna eine große Rolle. Das 1723 gegründete Unternehmen mit einem sehenswerten, großzügigen Herrenhaus als Hauptsitz demonstriert ebenfalls, was sich in der Region in den letzten Jahren bewegt hat. Neben einem feinen zitrusfruchtigen Wein aus den »alten« Sorten Fernão Pires und Arinto versteht man sich auch auf moderne Cuvées aus Touriga Nacional und Cabernet Sauvignon sowie auf einen beeindruckenden, enorm beerenfruchtigen Rosé aus Touriga Nacional. Dazu gibt es noch eine rare Spezialität namens Quinta da Alorna Colheita Tardia, eine in Barriques ausgebaute edelsüße Spätlese aus Fernão Pires. 

Sortenreine Weine und Cuvées
Auf die große Kunst des Weinmachens versteht man sich auch bei DFJ Vinhos, ein in fast allen Regionen Portugals tätiger Produzent. Besonders gelungen sind die beiden Rotweine der Linie Grand'Arte, die jeweils reinsortig aus Trincadeira und Shiraz (Syrah) bereitet werden. Auch bei Fiuza & Bright stehen Rebsorten-weine im Vordergrund, zumeist aus internationalen Trauben. Die Weine sind jung gut zugänglich; ein Rosé aus Cabernet Sauvignon mit dezenter Restsüße ist besonders schmackhaft. Bei den Weißweinen bietet vor allem der Oceanus, eine Cuvée aus Fernão Pires und Tália, ein an tropische Früchte erinnerndes Trinkvergnügen. Sehr gelungen ist auch die Cuvée Premium aus Trincadeira, Aragonez und Cabernet Sauvignon, die nach dunklen Früchten duftet und sich sehr ausgewogen im Mund präsentiert. Bei der Quinta da Ribeirinha versteht man sich nicht nur auf kulturelle Veranstaltungen und kulinarische Gaumenfreuden im hauseigenen Restaurant. Hier macht einfach alles Spaß, angefangen vom weißen oder roten Schaumwein bis zu den hochwertigen Rebsortenweinen der Linie Vale de Lobos. Neben Trincadeira, Touriga Nacional und Cabernet Sauvignon macht vor allem die Sorte Syrah eine blendende Figur.

Das Gut der Königin
Wer zuletzt noch einen Hauch Geschichte erleben möchte, sollte sich Casa Cadaval nicht entgehen lassen, eines der ältesten Weingüter der Region. Unter dem alten Namen Casa de Muge beherbergte das Gut bis ins Jahr 1535 die portugiesische Königin Dona Leonor. Durch die Hochzeit der verwitweten Königin mit dem Herzog von Cadaval erhielt das Haus seinen heutigen Namen. Die Ländereien mit großen Wäldern, Viehzucht, Acker und Weinbau umfassen 5000 ha. Unter den sechs Weinen des Hauses ragt vor allem der fruchtbetonte Herdade de Muge aus Trincadeira und Castelão-Trauben heraus.

Qualitätserzeuger zuhauf
Die Liste wäre aber nicht vollständig ohne einige weitere gute Namen, die man nicht übergehen sollte, wenn man die Bandbreite der Region kennenlernen will. So bietet die Quinta do Cavalinho einen vielfach prämierten Wein namens Herdade dos Templários mit der eher seltenen Kombination Aragonez, Castelão und Alicante Bouschet, dazu den Solar dos Costas aus Aragonez und Castelão. Gelungene rein-sortige Castelão-Weine unter der Linie Quinta dos Patudos, auch als Reserva, findet man bei Caves Dom Teodósio, während die Casa Agrícola Paciência mit dem Casa Paciência Tinto aus Castelão, Cabernet Sauvignon und Merlot zu gefallen weiß. Unicer Vinhos wiederum setzt auf heimische Sorten und kann vor allem mit dem Monte Sacro aus Tinta Roriz, Tinta Miúda, Trincadeira und Castelão aufwarten. Einen herrlichen Abschluss bietet die Companhia das Lezírias. Hier ist neben dem international vielfach prämierten Tinto aus Castelão, Alicante Bouschet, Touriga Nacional und Cabernet Sauvignon auch der Reserva aus Touriga Nacional und Cabernet Sauvignon besonders empfehlenswert.

 

Quelle: "Portugal und seine Weine" - Gräfe und Unzer Verlag GmbH / ViniPortugal